Mittwoch, 19. August 2009

Spenderherzinfarkt

Der Fortschritt kommt aus dem Spender. Seit heute gibt es neue Toilettenpapier- und Papierhandtuchspender auf den Restauranttoiletten. Todschicke Dinger, aerodynamisches Design, ausgetüftelte Bedientechnik. Der Wahnsinn in Weiß. Mrs. Mop und Frau Übermop beschlossen, einen Testlauf durchzuführen.
Wir standen vor dem Handtuchspender in der Herrentoilette, Aug' in Aug' mit dem blauen Sensor an der Vorderseite. Mrs. Mop drückte beherzt den Daumen auf die Sensortaste, wurde jedoch von Frau Übermop darauf hingewiesen, dass es sich um gar keine Taste handele, sondern um "etwas Elektronisches, nichts Mechanisches". Womit sie wieder mal recht hatte, denn auf Tastendruck reagierte der stumme Diener an der Wand überhaupt nicht.
Wir schauten den Sensor an, der Sensor schaute uns an. Dann fingen wir an, mit den Händen vor dem Sensor herumzuwedeln. Keine Reaktion. Ich zeigte dem Sensor meinen Daumen-, Frau Übermop ihren Zeigefingerabdruck, was den Apparat kalt ließ. Nichts gab er her. Dann hielten wir abwechslungsweise unsere Handflächen vor den Spendensensor, warteten auf eine milde Gabe, was aber, wie so oft im Leben, nicht funktionierte. Man denkt ja, so ein Spender sei spendierfreudig - weit gefehlt. Unser neuer Spender erwies sich als außerordentlich knauserig.
Frau Übermop begann zu fluchen, während Mrs. Mop ihr Bedürfnis, dem bockigen Teil einen kräftigen Tritt zu versetzen, gerade noch unterdrücken konnte. "Gleich krieg ich 'nen Herzkasper", schimpfte Frau Übermop genervt, und just in dem Augenblick fing der stumme Diener an zu sprechen: Unter leisem sphärischem Stöhnen schob er ein kindertaschentuchgroßes Handtüchlein nach vorne aus dem Schlitz, hörte auf zu stöhnen und damit zu spenden:

Wir standen beide mit offenen Mündern vor dem, was da vor uns hing. Schauten den Spender an. Schauten uns gegenseitig an. Brachen in wildes Gelächter aus. Gingen rüber in die Damentoilette, um dort die Probe aufs Exempel zu machen. Derselbe Handlungsablauf: wedeln, winken, warten. Stille im Spender. Wiederholung. Dann das schon vertraute leise Stöhnen. Und dann das:

Wie war das zu deuten? "Der spinnt", meinte Frau Übermop, während Mrs. Mop bedeutungsvoll orakelte, es müsse ja nicht aus jedem Herzkasper gleich ein Herzinfarkt werden. Eines steht fest: Es spukt im Spender. Wir einigten uns schließlich darauf, den zweiten Auswurf als Spendenquittung zu betrachten.

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