Samstag, 16. November 2013

Let them eat Wi-Fi


Nächste Woche kommt netter Besuch nach Deutschland. Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras wird erwartet.

Der griechische Staatschef ist ein ganz Netter, der es mag, wenn er nett behandelt wird. Er freut sich schon auf das gemeinsame Mittagessen mit Angela Merkel. Die nette Einladung, sagt er, habe ihn sehr ermutigt.

Außerdem, sagt der nette Samaras, habe neulich der Wolfgang Schäuble so nett über Griechenland gesprochen, beim Treffen der Eurogroup am Donnerstag. Auch das habe ihm Mut gemacht.

In diesen harten Zeiten brauche man netten Zuspruch, und deshalb, sagt Samaras, sei das Ziel seiner Deutschlandreise, "die trübselige Stimmung aufzumuntern, die sich über sein Land und dessen Zukunftperspektiven gesenkt" habe. Ein paar warme Worte der Kanzlerin sei genau das, wonach die trübseligen Griechen lechzen, mehr als nach Jobs, etwas zu essen und einem Dach über dem Kopf; darum "hoffe er, positive Äußerungen von Merkel könnten helfen, die Stimmung in Griechenland aufzuhellen".

Das griechische Volk ist schon voller Vorfreude und kann die netten, aufmunternden Worte der deutschen Kanzlerin kaum erwarten. Wird ja auch irgendwann langweilig, immer nur Trübsal zu blasen.

Der nette Ministerpräsident weiß das, weshalb er bereits im Vorfeld seiner Auslandsreise einen krachend netten Stimmungsaufheller unters arbeitslose Volk brachte, und zwar vornehmlich an die Adresse der jüngeren Generation; das sind diejenigen Griechen, die besonders heftig zum Trübsalblasen neigen:

Quelle: Eurostat via anticap

Denen hat der Ministerpräsident ein so tolles, ein so nettes Angebot gemacht zur Hebung ihres notorischen Trübsinns,
"Heute verspreche ich, dass es in ganz Griechenland kostenlosen Zugang zum Internet geben wird, freies kabelloses Wi-Fi-Internet. Bis nächstes Jahr. Wir machen das. Deshalb sage ich das. Es zeigt den jungen Leuten, dass sich jemand um sie kümmert. Dass Griechenland sich um diese Kids kümmert."
- dass die jüngere Generation in bodenlose Euphorie verfiel und sich seither nur noch schenkelklopfend am Boden wälzt, so großen Spass haben die jungen Leute mit dem Versprechen ihres netten Staatsoberhauptes. Wow!, krähten begeistert die Allerjüngsten der neuen, stets hungrigen griechischen Spassgeneration, da können wir uns ja ein leckeres Tsatsiki runterladen, oder ein schönes Gyros,


- oder, na ja, zur Not tut's auch Stückchen trockenes Brot zum Gratisdownload - hey, wie nett, die kümmern sich um uns! -, ein Zahn, der den naiven Kleinen ganz schnell gezogen wurde von der aufgeklärten Spassfraktion im studentischen Alter:

Psomi: Brot
Paideia: ethische Bildung mit dem Ziel eines mündigen Geistes
Eleftheria: Freiheit von Tyrannei und Unterdrückung

Dagegen erkannten die etwas Älteren, Erfahreneren unter den Griechen sofort den sättigenden Nährwert eines kostenlosen Internetzuganges:

"Verdammt, keine Knochen mehr in der ganzen Mülltonne, 
wo finde ich jetzt ein freies Wi-Fi?"

- während die ganz hartgesottenen Griechen es sich unter freiem Himmel, mit freiem Wi-Fi-Spot, bequem machten, zum ersten Mal seit langem in unbeschwerten Schlummer fielen und beim Einschlafen frohgemut dachten: Endlich kümmert sich jemand!

"No job? No money? No problem: 
Antonis Samaras promises free wi-fi"
via flickr: Teacher Dude's BBQ

Zu guter Letzt kam die frohe Botschaft des Ministerpräsidenten auch bei der Generation der armen alten Griechen an. Die hatten vielleicht einen Spass mit dem freien Wi-Fi! Alle Sorgen waren mit einem Schlag vergessen, von Hunger und Not keine Rede mehr, nur noch fröhliche Gesichter und das feste Gelöbnis der vergnügten Vier, künftig keinen anderen mehr als den netten Ministerpräsidenten von der netten Nea Demokratia Partei zu wählen.


Geschafft!, dachte der nette Samaras, Alt und Jung, die ganze Nation ist gut drauf, der Trübsal wie weggeblasen, steigende Popularitätswerte, Krise gemeistert, alles wird gut!

Packte seinen Koffer, bestieg wohlgemut den Flieger nach Deutschland, nicht ohne ein nettes kleines Mitbringsel einzustecken: Das, frohlockte er insgeheim, das soll mir die olle Merkel erst mal nachmachen:

Moufanet via protagon.gr

4 Kommentare:

  1. Je wärmer die Worte, umso kälter das Klima.

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  2. 17. November - vor 40 Jahren!

    Michail Kountouris Grafik: “Psomi   Paideia   Eleftheria” — eine Anspielung auf die Parole der Athener Studenten gegen die Militärdiktatur 1973

    Κάτω η Χούντα! “Ψωμί - Παιδεία - Ελευθερία”
    (Nieder mit der Junta! Brot, Bildung, Freiheit! )

    Was hat sich seitdem geändert?

    40 χρόνια τώρα, η ίδια ιστορία ... ΣΦΑΓΕΙΟ

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    1. Danke, Mitzerl, für die Hinweise auf das heutige Datum und seine Geschichte.

      "Die Geschichte der absolutistischen oder in den Absolutismus abgleitenden Regimes ist voll von kleinen Menschen, die sich in Machtpositionen hervortaten, die sie unter normalen Umständen nicht einmal im Traum gesehen hätten. Die absolutistischen Regimes haben die Tendenz, die innere Finsternis der kleinen Menschen an die Oberfläche zu bringen und auszunutzen, um ihre Ziele voranzutreiben."

      Könnte auch auf einen wie Samaras gemünzt sein.

      "... unser siebenjähriges Regime der Obristen wimmelte von vulgären und ungebildeten bedeutungslosen Personen, die es fertigbrachten, sieben ganze Jahre an der Macht zu bleiben, zum “Ruhm” des unbezähmbaren griechischen Volkes. Eine sieben Jahre dauernde mörderische Lächerlichkeit ..."

      Im Griechenland-Blog werden Parallelen von damals und heute gezogen. Lesenswert.

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