Donnerstag, 25. Juli 2013

Die Straße frei den braunen Bataillonen


Griechenland, wird Finanzminister Schäuble nicht müde zu betonen, sei auf einem guten Weg. Mehr noch: auf dem richtigen Weg. Schäuble scheint den richtigen Weg zu kennen und wird wissen, weshalb er ihn unermüdlich propagiert und wiederkäut.

Zum richtigen Weg gehört flächendeckender sozialer Kahlschlag. Um diesen Kahlschlag wirklich effizient zu gestalten, muss alles aus dem (richtigen!) Weg geräumt werden, was den Kahlschlag behindern könnte. Beispielsweise Gesetze, die behinderte oder geringverdienende Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes vor Entlassung schützen sollen. Falsch, schützen sollten. Seit heute ist die sogenannte Sozialklausel ersatzlos gestrichen.

Die Gesetzesänderung erfolgte
... auf Druck der Eurogruppe, die in der Schutzklausel eine "Gefahr" für den geforderten Kahlschlag sah. Vor allem Deutschland hatte Druck gemacht und mit Hilfsentzug (=Verweigern der nächsten Kredittranche) gedroht.
Erpressung also, auf gut deutsch. Wo ein Ziel ist, ist jedes Mittel recht und ebenso jeder Weg. Halt, nein, nur der richtige Weg ist recht. Der aus deutscher Sicht richtige Weg. Ist recht. Oder rechts.

Gestern veranstaltete die faschistische Partei Golden Dawn vor den Türen ihrer Niederlassung in Athen eine politische Kundgebung. Gegen den sozialen Kahlschlag. Politik gekoppelt mit Wohltätigkeit, Nächstenliebe, Almosen. Kommt immer gut. Besonders auf dem rechten Weg.
Golden Dawn spielte eine Nazi-Hymne während einer politischen Wohltätigkeitsveranstaltung, die von den Behörden versucht worden war zu verbieten.
Versucht worden war zu verbieten. Schlug leider fehl, der Versuch. Dabei wollten sie Golden Dawn doch ausdrücklich verbieten, den griechischen Bürgern karitative Tüten mit Lebensmitteln und Kleidung auszuhändigen. Wohlgemerkt, den griechischen Bürgern. Sonst niemandem.
Parteimitglieder verteilten Nahrungspakete, nachdem sie die Ausweise der Empfänger kontrolliert hatten, um sicherzustellen, dass Nichtgriechen von der Aktion ausgeschlossen sein würden.
Hat aber leider nicht geklappt, der Versuch, die rein griechische Wohltätigskeitsaktion zu verbieten. Keine Ahnung, wieso. Vermutlich war nicht genug Druck hinter dem Versuch der Behörden, die Aktion zu verbieten. Keine Ahnung, wieso nicht. Oder doch Ahnung, ganz dumpfe, trübe Ahnung. Egal, jedenfalls hat Golden Dawn das Ding unbehelligt durchgezogen.

Zwar hat der Minister für öffentliche Ordnung, Nikos Dendias, die Aktion nicht gebilligt und am Mittwoch öffentlich verkündet, bei Golden Dawn handele es sich um "eine erbärmliche Kopie des Nazi-Totalitarismus". Finde er nicht gut, so etwas, hat der Minister gemeint. Verboten wurde die Aktion trotzdem nicht. Obwohl man es doch versucht hatte, wirklich versucht hatte. Aber gut, dass der Minister darüber gesprochen hatte.

Die Golden Dawn Partei hat das natürlich gefreut, dass es nicht gelungen war, ihre Aktion - trotz wirklicher Versuche - zu verbieten. Aus lauter Freude darüber spielte Golden Dawn während ihrer wohltätigen Aktion laute Musik. Mit Gesang. Voll aufgedreht, aus Lautsprecherboxen, die auf der Straße aufgestellt wurden.
Essensausgabe zu den Klängen des Horst-Wessel-Liedes**
Eine griechische Version des deutschen Horst-Wessel-Liedes wurde aus Lautsprechern gespielt vor den Türen des Athener Büros der Partei, wo Parteimitglieder Tüten mit Essen und Kleidung aushändigten.
Natürlich wurden die Lautsprecherboxen auch nicht verboten. Erst recht nicht das Horst-Wessel-Lied, nein, es war noch nicht einmal versucht worden, das Abspielen des Horst-Wessel-Liedes zu verbieten. Sie spielten es einfach, basta. Warum auch nicht? Ist ja nicht verboten, das Lied. In Griechenland. In Deutschland schon*. Aber Hauptsache, Griechenland ist auf einem guten Weg. Mehr noch, auf dem richtigen Weg. Den aus deutscher Sicht richtigen Weg. Mit dem passenden Soundtrack.

Fast könnte man meinen, der Weg sei das Ziel.


* Auf Ekathimerini sind drei Videos der gestrigen Veranstaltung eingebettet, inklusive des von Golden Dawn gewählten Soundtracks - "Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar", heißt es dort.

** Die Überschrift dieses Posts entstammt dem Horst-Wessel-Lied. Es war zunächst ein Kampflied der SA und avancierte etwas später zur Parteihymne der NSDAP.
"Die Melodie und der Marschtritt, ein paar für sich bestehende Einzelwendungen und Phrasen, die sich an die 'heroischen Instinkte' wenden: 'Die Fahne hoch! ... Die Straße frei dem Sturmabteilungsmann ... bald flattern Hitlerfahnen ...': genügte das nicht zum Hervorrufen der beabsichtigten Stimmung?"

1 Kommentar:

  1. Was willst du machen, wenn das Finanzkapital marschiert?
    Die braune Suppe mit Hytlar damals - wer finanzierte die wohl?

    Hatten wir alles schon.

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