Samstag, 13. Juli 2013

Alle Dröhnung kommt von oben


1984 (Orwell) war gestern, und 2015 ist morgen, aber was zum Teufel ist heute?

Also, erst mal der Reihe nach:

Anfang 2011 hat ein heller Kopf sich in seinen dunkelsten Phantasien ausgemalt, wie im Jahre 2015 sich wohl die telefonische Bestellung einer Pizza gestalten würde:



Was in der 2011-Vision noch wie der Kontrollhorror in Tüten mit der Aufschrift '2015' anmutete, nähert sich bereits heute, im Jahr 2013 der Totalüberwachung, der neuen Normalität. Tja - erstens kommt es anders, und zweitens schneller als man denkt.

Zwar zieht sich die telefonische Pizzabestellung, bis sie sämtliche abhörtechnischen Kontrollinstanzen durchlaufen hat, in die Länge und kann schon mal zu einem Fall von kontrolliertem Hungertod am Telefon führen. Dafür geht es dann mit der kontrollierten Pizzalieferung umso schneller, dank allerneuester Kontrolltechnologie, die selbstverständlich nicht zur Kontrolle des Pizzabestellers, sondern nur zu seinem Besten eingesetzt wird, was im Jahr 2013 in etwa aufs Gleiche hinausläuft.

Weil nämlich, wenn ich im Jahr 2013 nachts um halb zwölf einen dringenden Heißhunger auf Pizza nebst flankierender Sixpack-Dröhnung verspüre, aber keinesfalls die Wohnung verlassen möchte (eh viel zu gefährlich im Jahr 2013, draußen lauern nur Sicherheitsrisiken) und die telefonische Bestellpsychofolter mit knurrendem Magen, aber lebendigen Leibes überstanden habe - nur wenige Minuten später ein vertrautes Sirren und Summen über meinem Wohnblock die prompte Lieferung frei Haus ankündigt: Dröhnung per Drohne.

Vermutlich werden mir Pizza samt Bier direkt ins geöffnete Küchenfenster abgeworfen, denn die schlaue Drohne weiß längst, dass ich Pizza am liebsten in der Küche zu essen pflege, während sie mir die frischgewaschene Bettwäsche aus der Wäscherei direkt ins geöffnete Schlafzimmerfenster schleudern wird und die schlaue Drohne natürlich genau weiß, wo mein Schlafzimmerfenster sich befindet, ganz zu schweigen von dem, was sich hinter diesem Fenster abspielt, selbst wenn es geschlossen ist.



"We fly it to your house, it makes a noise, you pick it up and that's that,"
verspricht die neue Lichtgestalt der Drohnifizierung der Servicegesellschaft, ein Wäschereibetreiber namens Harout Vartanian, der eine ausgediente Drohne des Typs 'Phantom' - konzipiert für Überwachungsaufnahmen aus der Luft - in ein smartes fliegendes Liefermobil umgebastelt hat.

Convenience pur! Für alle beteiligten Seiten! Denn während die smarte Drohne mir die saubere Wäsche durchs Fenster wirft, macht die noch smartere Phantomkamera in einem Zug - wusch! summ! klick! -gleich ein paar Bilder von der schmutzigen Wäsche, die wahlweise in meinem Schlafzimmer oder - wahrscheinlicher - an meinem subversiven Küchentisch gewaschen wird; um nach Anlieferung frei Haus (der sauberen Ware) auf dem Rückflug ein paar schmutzige Informationen an die NSA, die CIA, die Polizei, Frau Merkel oder gottweißwen im international vernetzten Überwachungssystem zu liefern. Two-in-one-Produkttechnologie, oder noch effizienter, All-in-one-Kontroll-Infrastruktur - wash, rinse, repeat - nie war Marketinggeblubber zielführender als heute. Im Jahr 2013.

Apropos Effizienz. Wäre es zu viel verlangt, wenn die saubere Wäschedrohne nach erfolgter Lieferung nicht nur meine am Küchentisch metaphorisch gewaschene schmutzige Wäsche, sondern netterweise auch gleich meinen physischen Küchenmüll mit abtransportieren würde? Three-in-one, sozusagen? Wer sich jetzt empört, dass die neue alte Servicedrohne die guten alten Jungs von der Müllabfuhr arbeitslos macht, der hat den innovativen Schuss nicht gehört, der da heißt: umweltfreundlich, nachhaltig, recycelbar.

Weil. Es ließen sich ja sämtliche ausgemusterten militärischen Tötungsdrohnen in servicefreundliche Schmuseweiche-Wäsche-Drohnen mit Multikontrollfunktion recyceln - Nachhaltigkeit! Und weiter: Sämtliche ausgemusterten, weil ausgebrannten militärischen Tötungsdrohnenpiloten könnten ebenfalls recycelt und im privatwirtschaftlichen Servicebereich eingesetzt werden - Arbeitsplätze! Was glauben sie, was wir spätestens 2015 für ein Jobwunder haben werden!

Und die Jungs von der Müllabfuhr? Pah, werden umgeschult. Auf smarten Fast-Food-Entsorgerservice. Denen bringen wir bei, wie man XXL-Big-Macs punktgenau durch geöffnete Autofenster dröhnt, ähm, schießt, bevorzugtes Einsatzgebiet: Berufsverkehr in Ballungsgebieten bei Staumeldungen an Drive-Ins. Auf Wunsch wird die Doppelwhopper-Dröhnung den Leuten direkt in den geöffneten Mund geschossen.

Und für den Fall, dass das Drohnen-Phantomauge verdächtige Bewegungen aus dem Autoinneren rückmeldet oder die Leute nicht rechtzeitig ihre Autofenster öffnen - es wurde an alles gedacht, weil, warum sind Riesen-Burger so riesig? Korrekt: Es lassen sich in ihnen problemlos unauffällige ferngesteuerte Mini-Raketen verstauen. Fenster auf, Mund auf, friss und/oder stirb, Kumpel. Dabei wird zwar eine Menge frisch verschmutzter Wäsche anfallen, deren Abtransport aber für unser High-End-All-in-One-Multifunktionsdröhnchen kein Problem darstellen wird. Alles in einem Aufwasch, Sie wissen schon.
Wash, rinse, repeat.

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