Montag, 27. Mai 2013

Vom Hinschauen und Wegsehen


"Auf die Angriffe von Neonazis, die an Heftigkeit zunehmen, reagiert die Polizei mit Wegsehen."
Kommt einem irgendwie bekannt vor. War das nicht, ja richtig, das war doch in Griechenland, oder? Na gut, vielleicht ist war das falsche Wort, vielleicht wäre ist das zutreffendere Wort, aber okay, dann ist das halt so in Griechenland, kennt man ja inzwischen, diese Geschichten rund um die Neonazis von Golden Dawn, und dass die bei ihren öffentlichen Angriffen von der Polizei toleriert werden, ist ja nun auch nichts Neues mehr, hat man sich irgendwie dran gewöhnt, holt ja keinen Hund mehr hinterm Ofen vor, irgendwie, weil, ist halt so in Griechenland, was soll man groß machen, klar kann man sich darüber empören, aber was soll's, kann sich schließlich kein Mensch pausenlos über griechische Neonazis empören, irgendwann ist ja dann auch gut, ne, also, nee, gut ist das natürlich nicht, was da in Griechenland abläuft, aber so läuft's halt in Griechenland, ne, das mit der Krise dort und den Neonazis und der öffentlichen Jagd auf Immigranten, hat inzwischen jeder schon zum tausendsten Mal davon gehört und irgendwann interessiert es einen halt nicht mehr so dolle, weil, ist halt so in Griechenland, aber ist ja nur in Griechenland so und überhaupt, Griechenland ist ja schon ein Fall für sich, wegen der Krise dort und so, also, mehr so eine Art Spezialfall irgendwo da unten in Südeuropa, kann man doch so sagen, irgendwie, ne?

Nein. Kann man nicht sagen.

Das Zitat entstammt einem ausführlichen Bericht über die seit sieben Tagen anhaltenden schweren Straßenkämpfe in Schweden. Kämpfe von Menschen aus den ärmsten Vierteln Stockholms, meist Jugendlichen aus (mittlerweile 15) Immigrantenvierteln. Kämpfe, die sich mit jedem Tag auf mehr Städte des nordeuropäischen Landes ausbreiten.

In denselben Städten, in denselben Vierteln organisieren sich mit jedem Tag mehr Neonazi-Gruppen, die den kämpfenden Immigranten den Kampf ansagen, nur dass die Immigranten von den Neonazis nicht Immigranten genannt werden, sondern "Schweineherden", und die Neonazis sich nicht Neonazis nennen, sondern "Bürgerwehr" oder "Bürgerselbstschutzgruppen" oder "Ordnungshüter",  denn wo Schweineherden toben, müssen selbsternannte Ordnungshüter für die Sicherheit der Bürger sorgen und für, wie der Name schon sagt, "Recht und Ordnung", während die anderen Ordnungshüter, also diejenigen, die sich Polizisten nennen, "wegsehen", oder sagen wir, sie tolerieren die Kollegen von der Bürgerwehr, warum auch nicht, weil, sagen die Polizisten, die Kollegen von der Bürgerwehr "sich keines Verbrechens schuldig machen", die randalierenden Immigranten hingegen durchaus, also bitte.

Na ja, Schweden halt. Auch ziemlich weit weg, ne. Irgendwo da oben in Nordeuropa. Wie, schon seit sieben Tagen? Ist ja dann auch nichts Neues mehr, also, könnte man sich fast schon wieder dran gewöhnen, irgendwie, ne.

Nein. Kann man nicht.

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