Wenn ich eins während meiner Campexistenz gelernt habe, dann dies:
Armut kann lustvoll sein.
Nur hätte ich mich das bis heute nie getraut einfach so hinzuschreiben, weil man mit so einer Aussage schon arg nah am Sozialkitsch vorbeischrammt. Mir haben schlicht die passenden Worte gefehlt, meine gelebte Erfahrung angemessen auszudrücken - dass nämlich Armut, Selbstbeschränkung und das daraus resultierende Improvisieren, mit anderen Menschen geteilt und (selbst)organisiert in die eigenen Hände genommen, richtig Spass machen kann.
Rums, jetzt ist es raus: Armut kann Spass machen, habe ich gerade geschrieben. Ein Unding, eigentlich. Kann man doch nicht einfach so sagen! Wo doch Armut stets in den Kontext von Entbehrung, Not und Mangel eingebettet wird, und wer Not leidet, der leidet, und wer leidet, der hat nichts zu lachen.
"... denn Lachen ist in einer Welt der Tränen verboten."
Eben. Wer nie sein Brot mit Tränen aß. Zwar würde ich mir nie anmaßen,
Goethe zu widersprechen, möchte aber doch in aller - dem improvisierenden
Freestyle verdankten -Bescheidenheit hinzufügen: Wer nie sein Brot mit Tränen aß, der kennt euch nicht, ihr Götter des Gelächters.
"Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit: Nach Sozialabbau zu lachen ist unmoralisch. Nach Hartz IV ein Gedicht zu schreiben ist barbarisch. Schreiben Sie mal eine Polemik zu solchen Themen! Auch sich links fühlende Personen werden sich darüber ereifern! Unsachlichkeit wirft man dann vor! Kunst ist für solche Gestalten etwas, was es für ihre Ziele zu formen gilt - sie ist nicht frei, sie hat dienstbar zu sein. Dabei ist Humor und Elend vereinbar, man darf nur kein dogmatischer Sozialist sein - siehe Chaplin, der die Armut mit Lachen zeigte; siehe Benigni, wie er im KZ frotzelte. Die Ästhetik des Humors ist notwendig, um die Ästhetik der Unterdrückung zu begreifen."
schreibt heute
Roberto de Lapuente in seinem Blog und verführt mich zu fröhlich-breitem Grinsen, obwohl ich gerade Hunger habe und weit und breit nichts zu essen in Sicht ist. Einstweilen sättigen mich Sätze wie diese:
"... fraglich ist, ob es eine Bereitschaft gibt, den konsumistischen Stil gegen ein viel pragmatischeres, letztlich damit auch sozialeres Konsumverhalten einzutauschen. Und ob die Menschen nach ihren Protesten die Melancholie weiterleben wollen unter anderen Regeln oder hedonistisch die Welt lockerer, entspannter gestalten möchten."
Yeah. Ein hedonistisches Manifest, dem ich mich uneingeschränkt anschließe. Danke, Roberto.