Freitag, 16. September 2011

Verlustgeschäft


Hey, das ist Krisenporno vom Feinsten!

Also, es gab da so eine Art Unfall, oder besser Zwischenfall, oder na ja, halt so ein Vorkommnis bei der Schweizer UBS Bank; nichts Besonderes, kann ja jedem mal passieren:

Ein Finanzhändler der UBS hat mal eben eine Investmentsumme von zwei Milliarden Dollar in den Sand gesetzt. Um präzise zu sein: Der sogenannte "Verlust" beläuft sich auf zwei Milliarden Dollar, was - wenn Lieschen Mop das über den investment-für-dummies-Daumen hochpeilt - auf ein Portfolio etwa zehnfachen Umfanges schließen lässt, also mal locker 20 Milliarden. Da muss das Lieschen sofort an den Woody denken, der gesagt hat, ein Investmentberater sei einer, der dir beim Anlegen deines Geldes hilft, und zwar so lange, bis es weg ist. So gesehen, war dieser UBS-Finanzfifi ein ganz ausgekochter high-profile-Profi.

Jedenfalls, zwei Milliarden gingen da - einsfixdreizehn - über die Wupper. Weg waren sie. In Finanzkreisen sagt natürlich kein Mensch "gingen über die Wupper", sondern es heißt "Verlust". Okay. Hat also einer zwei Milliarden Dollar verloren. Ja, Herrgott, dann muss ja ein anderer die zwei Millis gefunden haben, oder? Wer zum Teufel war der glückliche Finder? Oder ist "finden" gar nicht das richtige Pendant zu "verlieren"? Stimmt, in Investmentkreisen sagt man: Der eine verliert, der andere gewinnt. Ja, und? And the $2-billion-winner is? Wo in drei Teufels Namen ist die Kohle?

Ernsthaft. Wo ist das verdammte Geld geblieben? Ich finde, das ist eine durch und durch legitime Frage. Aber kein Mensch stellt sie. Scheint keinen zu interessieren. Alle fragen nur: Wie konnte das passieren? Was ja keine uninteressante Frage ist, denn um zwei Milliarden durchzubringen, muss einer schon am ganz großen Rad gedreht haben. Wie sonst soll der Kerl unterm Radar der Risikokontrolle durchgeschlüpft sein, bitte, bei einer Schweizer Bank? Sollte die berühmte 'Schweizer Präzisionsarbeit' nur sprichwörtlich, aber keinesfalls wörtlich zu verstehen sein? Oder wäre es angemessener, wegen dessen Präzisions-Geniestreichs vor dem verknackten "rogue trader" den Hut zu ziehen?

Bei letzterem handelt es sich übrigens, wie man hört, um den typischen "netten Kerl" von nebenan. Guter Schulabschluss. Guter Job, gleich von der Universität weg bei der Top-Bank gelandet. Schickes Loft in der Londoner Innenstadt. Hobbies: Fotografie, Radfahren, edle Weine. Stets umgänglich und freundlich. Hat gern Parties gefeiert, manchmal bisschen zu laut, aber wenn ein Nachbar sich beschwert hat, gab's ein Fläschchen Champagner und alles war gut.

Und jetzt - im Knast. Tragisches Ende einer steilen Finanzkarriere? Och nö. Ich vermute mal, er kriegt so zwei, drei Jährchen, schreibt während des Absitzens seine Memoiren oder irgendeinen Investment-Thriller - "Inside Job im Back Office" wäre ein bestseller-verdächtiger Buchtitel -, dann kommt er wieder raus und lässt sich auf den Bermudas nieder, führt von dort aus einen wie geschmiert laufenden Hedge Fund und alles wird gut.

Wo, zum Teufel, war jetzt noch mal das Geld?


6 Kommentare:

  1. Hello!

    aber du wirst doch wohl nicht wirklich die Allokationsfunktion from "The-Allmighty-Market" in Frage stellen? Niemand tut das!

    Warum auch? Ist doch alles bestens und gewollt... geradezu alternativlos...

    The winners take it all (Naa,na,na,...naaah ;)

    Blasphemische Grüße

    Attacy

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  2. @Attacy: "Naa,na,na,...naaah"
    Hush/Deep Purple. Bin ich jetzt Doctor Music?

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  3. Deep Purple ist auch nicht schlecht...

    Aber ich finde diese Band (höre Link) hat den Ton besser getroffen... ;)

    http://www.youtube.com/watch?v=X5TEq82Gp28#t=4m02s

    lovely greetz
    Attacy

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  4. Der Bullshit-Detector ist einfach klasse, sollte jeder Journalist und Politiker stets bei sich führen! Mein Selbstversuch ergab, ich rede jetzt nicht mehr so viel, dafür denke ich mehr nach ... selbst ein minimaler Ausschlag der Anzeige führt zu nochmaligem Überdenken der Gedanken... wo die 2 Mille sind? Bestimmt nicht bei den "Armen", die haben meist nichtmal ein Konto!

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