Donnerstag, 25. Februar 2010

Sack und Pack


Jetzt also Klamotten aus Packpapier. Alles schon mal dagewesen. Zum Beispiel im und nach dem letzten Krieg in Deutschland. Da haben die Leute gefroren und sich die wärmenden Eigenschaften von Packpapier zunutze gemacht: als Unterlage auf kalten Böden, zum Zudecken beim Schlafen, als Umhang um den Körper oder als schützende Kopfbedeckung. Gewissermaßen ein alter Hut.

Jedoch, Klamotten aus Packpapier werden derzeit als letzter Modeschrei gehandelt. Das deutsche Logistikunternehmen DHL präsentiert "the first fashion collection made of packaging materials".

Recession Chic auf Haute-Couture-Niveau. Man beachte die erbarmungswürdigen Schlüsselbeine und den verhungerten Gesichtsausdruck unter dem Müllbeutel, ehm, der Designerduschhaube. Passt schon.

Pate gestanden beim edlen Pack-Look hat der deutsche Modedesigner Michael Michalsky, und nach einem Blick auf dessen Homepage wundert einen nichts mehr. Seine Kollektion für Frühjahr/Sommer 2010 nennt er "1929 Revisited - The Great Depression Part 2" und beschreibt sie so:
"Die Kollektion ist inspiriert durch die Wirtschaftskrise, die der ganzen Welt momentan begegnet."
Ah ja.
"Die Kollektion ist geprägt durch Apron Kleider..."
- Mädels aufgepasst, das sind Schürzenkleider, auf deutsch Kittel -
"...sowie Arbeits- und Funktionsbekleidung. Kleidung, in der man leben und arbeiten kann."
Wie, arbeiten? Was arbeiten? Im Hobbykeller? In der Küche? Nicht doch:
"Die All-Over-Drucke der Saison basieren auf einer Collage aus Aktien, die dem Jahr 1929 entstammen, und luxuriösen Diamanten-Drucken, die die ultimative Dekadenz symbolisieren."
Oha. Dekadenz! War da nicht neulich was mit Guido?
"Zudem beinhaltet die Kollektion mehrere Blumendrucke auf Baumwoll- und Seidenstoffen, die teilweise wie ein Flickwerk eingesetzt werden."
Wie heißt es so schön? Arm und geflickt, aber sauber.

Man erkennt des Meisters visionäre Designerhandschrift unschwer bei den schicken neuen DHL-Teilen. Der Copyranter kommentiert (wie immer) sarkastisch, ihm würde das Gelumpe aus Packpapier soo brandneu keineswegs vorkommen. Schließlich liefen bei ihm zuhause in New York die Obdachlosen schon seit zwanzig Jahren mit 'Schuhen', 'Hüten', 'Ponchos' und 'Wickelgewändern' aller Art herum, gefertigt aus recycelten Packmaterialien. Na ja, ist ja Amerika. Weit weg.

Obwohl.

2 Kommentare:

  1. warum müssen die models immer diese total bescheuerte haltung einnehmen? wirkt dann die 'taille' [die eigentlich keine mehr ist!] schmaler? ich finde, es sieht total verkrüppelt aus. ich finde, mode an sich ist nicht von dieser welt.

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  2. Ja, wer Wespentaille will, muss sich verkrüppeln und aufhören zu atmen. Ich dachte ja, die Dame würde sich im nächsten Moment ihrer Essbrechsucht hingeben.

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