Montag, 21. Februar 2011

Staub zu Staub


Sensationelles ist zu berichten aus der internationalen Staubforschung. Ja doch, Staubforschung! Offiziell nennt sich die Staubforschung zwar nicht Staubforschung - wiewohl sie sich der Staubforschung widmet, oder präziser, der Erforschung des Hausstaubes - vielmehr wird die zu erforschende Materie wissenschaftsumständlich mit "Inhäusige Staubpartikelchen" umschrieben. Ist aber wurscht, denn Dreck bleibt bekanntlich Dreck, egal wie man ihn nennt.

Womit die zentrale Hypothese der Kleinstpartikelforscher bereits umrissen wäre, nämlich: Dreck bleibt Dreck und geht nicht weg. Oder: Magst du auch wedeln, magst du auch pusten, den Staub schert das wenig, nur du musst husten - weshalb Putzmuffel aller Generationen längst ihren Staubwedel abgeschafft beziehungsweise sich nie einen solchen angeschafft haben. Neu ist, dass die Unlust der Anti-Abstauber jetzt gestützt wird durch ein wissenschaftliches Back-up, das da lautet: Der Hauptverursacher von Hausstaub ist - jawohl, die Tätigkeit des Staubentfernens an und für sich.

Es ist das Staubwischen und -wedeln selbst, das ständig neuen Staub produziert, zusätzlich zu dem alten Staub, den es ständig aufwirbelt und in dessen Luftstrom neuer Staub in Bewegung gesetzt wird. Wer Staub wischt, züchtet sich sozusagen in einem Arbeitsgang stets neue Sedimente von Staub, denen er dann wieder hinterherwedeln darf. Der Staubwischer sorgt also eigenhändig für die Fortpflanzung, ja, die Vermehrung des Staubes:
Die ganze Staubwischerei hat unerwünschte Konsequenzen: Eigentümlicherweise brütet Staubwischen nachgerade Staub aus. In der Tat ist das Staubwischen einer der drei Hauptverursacher von Hausstaub, gemäß der Forschung über inhäusige Staubpartikelchen.
Man sollte das Staubwischen also sinnvollerweise einstellen. Und sich stattdessen kritisch mit den zwei weiteren Hauptverursachern von Hausstaub auseinandersetzen:
Kochen folgt an zweiter Stelle.
War mir eigentlich schon immer klar, dass Kochen die Hütte nicht unbedingt sauberer macht, erst recht, seit ich in der Gastronomie zugange bin. Also, das Kochen am besten auch bleiben lassen.

Rücken wir nun dem dritten Hauptverursacher von Hausstaub auf den Leib:
Bewegung steht an dritter Stelle bei der Verursachung von Hausstaub.
Bewegung, und zwar die des Leibes, erzeugt Bewegung, und zwar die des Staubes - hätte man auch von alleine drauf kommen können, aber wenn der Sachverhalt von einem Experten der chemischen Verfahrenstechnik bestätigt wird, fühlt man sich doch gleich auf der sicheren Seite:
Jeder menschliche Schritt setzt winzige Partikel von Schmutz, Fasern, Ruß, Pollen, Farbe, Lebensmitteln und abgestorbener Haut frei. All diese Partikelchen werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Staub bezeichnet, sagt Richard Flagan, Vorstand des Fachbereiches chemische Verfahrenstechnik am California Institute of Technology. ... Einige tausend dieser Partikelchen wabern in jedem Kubikzentimeter Luft, also einem Raum so groß wie ein Stück Würfelzucker.
Huch. Wabern, hat er gesagt - da überlegt man doch lieber zweimal, ob man den nächsten Schritt tatsächlich tun oder nicht besser regungslos auf dem Sofa sitzen bleiben sollte, um ein paar würfelzuckergroße Stückchen staubfreie Luft zu schnappen.
Wir gehen durch unser Leben und stoßen dabei - wie es die Wissenschaftler ausdrücken - eine Art "persönliche Wolke" an Staub aus.
Jetzt reicht's aber. Was tun? Staubwischen einstellen. Kochen einstellen. Bewegung einstellen. Was bleibt?
Die einzige Alternative ist der Tod -
Schon heftig.
- aber der ist ja noch schlimmer,
Schlimmer als was? Ach so, ja, schlimmer als der Hausstaub. Moment, wieso ist der Tod schlimmer als der Hausstaub?
weil, wohin dann mit dem ganzen "Asche zu Asche, Staub zu Staub"-Dings?
Und womöglich keiner da, der das ganze Staub-zu-Staub-Dings wegwischt. Dann doch lieber was Schönes kochen. Und sich ein bisschen bewegen. Ein paar Staubwolken ausstoßen. Und sich mit dem Staubwischen Zeit lassen.



11 Kommentare:

  1. ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, wann in den Haushalten und Büros sogenannte "Personalstaubfilter" vorgeschrieben sind, analog den Rußpartikelfiltern in Dieselfahrzeugen! Eine "innerhäusliche Umweltzone" sozusagen -
    betreten nur mit entsprechender Plakette... (hust!)

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  2. Personalstaubfilter, ha! Am besten gleich mit integriertem Abluftrohr in die Urne, die schon zu Lebzeiten als Trennmüll-Pflichtkomponente eingeführt wird zur Entsorgung der persönlichen Staubwolken - vor dem großen Finale.

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  3. Der große göttliche Drecksack, Staubbeutel der Galaxis, Wischtuch des hinterbliebenen Partikelaufkommens ruft zur transzendentalen Kehrwoche!

    Hebet an die Teppiche, stoßt ab alle Schuppen, gebet euch hin den Pollen - Lasset den Siff mehr sein als störend, gebt ihm Bedeutung, baut ihm ein Haus, bekennt: Ich schmuddele! Hapschie!

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  4. Also sprach der (die?) Große Himmlische Miele: Selig seien die irdischen Siff- und Schmuddelbrüder, die Staub und -wedel ruhen ließen, dafür kommt ihr in den Himmel - jedoch euch rastlose Staubausbrüter, euch hyperaktive Putzfreaks möge der Teufel holen!

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  5. Ach was,
    ihr unwissenden,
    das ist das GROSSE GESETZ DER ENTROPIE:
    Aufräumen gibt nicht besagt das, denn dieses unverbrüchliche paradigma lautet:

    die unordung im univerum bleibt immer gleich groß.


    Das beweist ein einfacher selbstversuch.
    Wenn sie zuhause ihren schreibtisch aufräumen, bleibt das geschirr in der spüle dreckig und ihre sockenschublade ungeordnet.

    gruß bel

    räumt niemals auf.

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  6. Da ist was dran.

    Als ich neulich den vollen Staubwedel zum offenen Fenster ausklopfte, tanzten lauter lustige Wollmäuse durch die Luft und ich dachte: Letzten Endes bleibt die Staubmenge im Universum immer gleich groß, nur dass die Wollmäuse jetzt halt den Standort gewechselt haben, oder die Flugbahn, je nachdem.

    Wie ich dies so dachte, kam ein Luftzug, und die Hälfte der Wollmäuse flog wieder zum Fenster rein. Man kann dem Universum halt nix vormachen.

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  7. Und beim wiederereinfliegen sangen die wollmäuse:


    oh unverrückbare entropie,
    wir alle kennen und loben sie,
    das universum bleibt bestehn,
    während die aufräumer untergehen...

    bel


    http://de.wikipedia.org/wiki/Entropie_%28Thermodynamik%29

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  8. Uff, das ist ja beinharter Stoff (der Link). Heißt das, wenn ich jetzt meinen Staubwedel zum Fenster rausschmeiße, dann kommt er zusammen mit den Wollmäusen wieder reingeflogen?

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  9. Leute, ich muß widersprechen. Die Entropie, also das Maß der Unordung im Universum, nimmt immer weiter zu. Der Endzustand wären gleichverteilte Staubteilchen. Informationsgehalt = 0. Weißes Rauschen. Aber: Es kann auch alles ganz anders kommen.

    Grüße R@iner

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  10. Nein, das sollte nur beweisen, dass das gesetz der entropie zum gesetz der thermodynamik gehört, und ich mir das keinesfalls ausgedacht habe.

    Und die wollmäuse müssen nicht zwingend bei dir, sondern können auch in Kleindiddelsbach wieder reinfliegen. Die unordung bleibt, ist dann nur anderswo hinverteilt.;-)

    bel hat den zeitungsstapel weggeräumt und jetzt sieht die küche aus wie Beirut 1990.

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  11. Dass das Maß der Unordnung im Universum immer weiter zunimmt, R@iner, sagt einem ja auch der schlichte Hausverstand bzw. die regelmäßige Nachrichtenzufuhr bzgl. der Weltlage. Dass aber auch die Staubmenge im Universum stetig wächst, haben neuerdings die Entropologiker (äh, sagt man so?) rausgefunden.

    Was aber die Kernthese, man solle den Staubwedel ein für allemal ruhen lassen, nur erhärtet. Und - @bel! - jenem New Yorker Antiquitätensammler (vulgo: Staubfänger) recht gibt, der seine Fenster nur alle zwei Wochen zum Lüften öffnet, und dies auch nur nach ausgiebigen Regengüssen, wenn die freien radikalen Wollmäuse zu nass zum Fliegen geworden sind.

    Wobei die Küche im Nahost-Modus wiederum nahelegt, dass die Unordnung im Universum tatsächlich zunimmt, selbst oder gerade dann, wenn die gesammelte Berichterstattung (Zeitungsstapel) weggeräumt wurde.

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