Mittwoch, 26. Mai 2010

Weg vom Fenster


Mittwoch ist Versprechertag. Keiner weiß warum, aber gegen Mitte der Woche scheinen sich Frau Übermops sprachliche Fehlzündungen zu häufen. Außerdem ist Mittwoch Fensterputztag. Wieso eigentlich? Keiner weiß warum, außer Frau Übermop: "Das ist halt so. Das ist die Gewohnheit der Macht", gab sie zum Besten, nachdem ich gefragt hatte, ob die Fenster nicht bis Donnerstag oder Freitag warten könnten; mir war heute nicht danach. Es nützte mir nichts.

Die Gewohnheit der Macht. Es ist jedes Mal dasselbe: Frau Übermop verspricht sich und ich warte instinktiv darauf, dass sie sich korrigiert. Tut sie aber nicht. Sie lässt ihre Sprachschnitzer einfach so im Raum stehen. Und ich sitze da und verkneife mir ein Grinsen, nachdem eben noch meine Mundwinkel in die entgegengesetzte Richtung tendiert hatten. Wegen der dummen Fenster.

Später fragte sie mich wie aus heiterem Himmel: "Was sagst du denn zum Rücktritt vom Koch?" Erst dachte ich mir, jetzt bist du auch mal witzig, und fragte zurück: "Welcher? Wir haben hier fünf Köche." "Unsinn", meinte Frau Übermop, ohne zu lachen, "ich meine doch den von Hessen. Der ist jetzt weg." "Weg vom Fenster," korrigierte ich situationsangemessen von der Leiter herab und prüfte dabei die Streifenfreiheit der Oberlichter. "Weg von der Politik," wurde ich von Frau Übermop humorfrei korrigiert, "der schmeißt einfach alles hin, ich verstehe das nicht, der kann doch nicht einfach machen, was er will?" "Kann er wohl," entgegnete ich und hielt mich für besonders schlagfertig, als ich hinzufügte, "das ist bei dem Typen die Gewohnheit der Macht."

Ich erntete einen scharfen Seitenblick, mit dem Frau Übermop mich erneut verbesserte: "Falsch, es heißt die Macht der Gewohnheit." Da fehlten mir nun wirklich die Worte. Der Frau Übermop nicht: "Ich dachte, von uns beiden bist du die Studierte!" Peng. Vorsichtshalber hielt ich erst mal den Mund, um zu vermeiden, vor Lachen von der Leiter zu fallen. "Der lässt einfach alles stehen und liegen," fuhr Frau Übermop kopfschüttelnd fort, "und geht jetzt in die Wirtschaft." Wo soll der Koch auch sonst hingehen, dachte ich und sagte, ohne es im geringsten witzig zu finden: "Da gehört er auch hin."

Da blieb Frau Übermop breit grinsend unter der Leiter stehen, blickte zu mir hoch und sagte nach einer effektvollen Pause: "Du auch!" Ich guckte dumm und brauchte eine ganze Weile, bis ich begriff, dass Frau Übermop soeben eins ihrer raren Komplimente um die Ecke geschossen hatte: Mit anderen Worten, sie hielt mich für gastronomietauglich.

Anderthalb Stunden später fragte ich Frau Übermop, wo der eingelegte Ziegenkäse hingehöre, ins Kühlhaus oder in die Küche? Bierernst brummte sie: "Frag' den Koch, nicht mich." Ob sie mir bitte sagen könne, in welcher Kneipe der Ministerpräsident sich gerade aufhalte, fragte ich weiter. Na endlich. Wir mussten beide gleichzeitig lachen. Mittwoch ist Versprechertag.

3 Kommentare:

  1. klingt nach wiedereinsortierthaben :)! falls ja, glückwunsch :D.

    und es hört sich wieder mal so an, als ob man im großen und ganzen wunderprächtig sowohl mit dir als auch mit frau übermop zusammenarbeiten kann. schön.

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  2. *grins* Ich mußte da spontan an einen uralten Seyfried-Cartoon denken: Politischer Aktivist (oder so was in der Richtung) beobachtet Klempner bei der Arbeit... Schließlich: "Du wollen Bier?" - Klempner: "Joo." - Denkblase über dem Aktivisten: "Gottlob - ich spreche sie noch, die klare, einfache Sprache der Arbeiterklasse!" - über dem Klempner: "Die spinnen, diese Intellektuellen!"
    Oder so ähnlich... :-)

    Immer schwierig, wenn man quasi "schichtübergreifend" (klingt das jetzt dünkelhaft??) Witzchen machen will: Ich habe letztens im Supermarkt mit einem zufälligerweise griechischen Euro bezahlt und sagte zur Kassiererin: "Aus Griechenland - superselten!" HarHar ... Die meinte nur: "Darf ich sowieso nicht mitnehmen", weil die offenbar glaubte, dass die Münze als solche von Sammlerwert sei... Hmpf... Ich sparte mir die Exegese... ;-/

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  3. @rebhuhn
    Nun ja...ich musste 'ihr' schon gut zureden, endlich vom Sofa runterzukommen. War ja nicht mehr zum Aushalten. Hat sie schließlich auch eingesehen und versprochen, zur Vernunft zu kommen ;).

    Ja, ich denke, mit mir lässt sich prima zusammenarbeiten, wenn man akzeptiert, dass garantiert keine Langeweile aufkommt und ich meinen eigenen Kopf habe ;).

    @Britta
    Ja, da geht manches haarscharf aneinander vorbei, um sich gottlob irgendwann doch wieder zu treffen. Sie liefert mir aber auch immer wundervolle Vorlagen mit ihren Verdrehern, die Übermop. Die "Gewohnheit der Macht", Menschenskind, von so etwas zehre ich einen ganzen Morgen! Sogar jetzt am späten Abend könnte ich mich noch darüber bemopsen...:)

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