Freitag, 24. Februar 2012

Transparenz kommt von Transpirieren


Karneval war ja bekanntlich gestern, und bis zum ersten April ist noch eine ganze Weile hin, also muss wohl was dran sein an dieser Räuberpistole:
- und zwar unter der Führung des schwitzenden finnischen EU-Kommissars Olli Rehn. Der hatte zum politischen Hintergrundgespräch in die Sauna eingeladen. Konspirierendes Transpirieren, sozusagen. Thema? 'Griechenland im Schwitzkasten der Troika', sage ich jetzt mal ungeschützt, weil, ich war ja nicht dabei, wie auch, denn naturgemäß fand das Sauna-diplomatische Treffen unter Männern statt.

Okay, Politkerle unter sich beim brüderlichen Säfte-, ähm, Schweißaustausch ist jetzt noch nicht der ganz große Brüller. Schließlich hatten schon Bundeskanzler Willy Brandt und KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew in der Sauna Freundschaft geschlossen; auch Helmut Kohl und Boris Jelzin kamen sich beim freundschaftlichen Schwitzen näher.

Trotzdem.
In aller Blöße! - das dürfen wir, die wir draußenbleiben mussten, so interpretieren: in aller Transparenz. Anscheinend muss man sich erst mal eine Blöße geben, um endlich transparent Tacheles zu reden.

Wie umständlich. Hätte man sich da nicht gleich in ganz normaler Kleidung in einem, sagen wir, ganz normalen Konferenzraum der Europäischen Kommission treffen können? Nee nee, dann wäre ja erstens der nackte Kick unter männlichen Politikern und Journalisten weg gewesen, und zweitens gilt besagte Sauna als ganz normaler Konferenzraum der Europäischen Kommission, weil es sich nämlich um die EU-Kommissions-eigene Sauna handelt. Kapiert? Wozu unterhält die Europäische Kommission eine eigene Sauna? "Machen Sie sich doch bitte mal transparent!" Eben. Ist doch das Normalste der Welt.

Also alles kein Aufreger. Pikant wurde es, als Saunapapst Rehn im Nachgang von dem Brüssel-Korrespondenten der italienischen Zeitung Il Corriere della Sera (selbst kein Saunierer) scheinheilig nach dem Dress Code bei derartigen "confidential briefings" (O-Ton Rehn) gefragt wurde. Eine undiplomatische Frage, die den Finnen etwas indigniert zu haben scheint, was aber nicht weiter peinlich wurde, denn ein spanischer Zeitungskollege intervenierte prompt und betonte, er wünsche mit keinerlei weiteren Details bezüglich des Outfits der schwitzenden Transparenzliebhaber behelligt zu werden. Ihm reiche es auch so schon.

Bei sich zuhause hat der Schwitz-Olli natürlich ebenfalls eine Sauna, bitte, für einen Finnen eine Selbstverständlichkeit. Laut finnischen Presseberichten hängt an der Tür zur Sauna seines Sommerhauses seit Jahrzehnten folgender Spruch:
Der Sauna-Friede ist kostbarer als die Unverletzlichkeit des häuslichen Herdes und die Waffenruhe zu Weihnachten -
- yo my, wer wollte da den schweißnassen Sieben in der Europäischen Kommissions-Sauna ihr selbstentblößendes Treiben verübeln? Bestimmt war unter ihnen kein 'befangener' Berichterstatter aus Griechenland, so dass die Unverletzlichkeit der griechischen Demokratie samt ihrer Verfassung niemandem Anlass für metaphorische Doppeldeutigkeiten geboten hätte; und dass die Waffen der Finanzmafia in Griechenland selbst über Weihnachten keine Ruhe gegeben haben, muss einen finnischen EU-Kommissar in seinem kostbaren Sauna-Frieden ja nicht groß scheren.
Schließlich handelt es sich (bei der Sauna) um einen Ort, an dem sich leicht Vertrauen einstellt und an dem sich die nackte Wahrheit einfacher sagen lässt -
- einfacher als wo? Zum Beispiel außerhalb der Sauna, auf griechischen Straßen und Plätzen, dort, wo das Volk protestiert, kämpft, hungert, friert und mit der nackten Wahrheit täglich konfrontiert ist?
Die Masken fallen, und der Austausch von Floskeln weicht einer konkreten Suche nach Lösungen.
Muss wohl so sein: Die einen gehen für so etwas in die Sauna, die anderen auf die Straße.

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